Radonfolgeprodukte und Thoronfolgeprodukte, die hässlichen Töchter der radioaktiven Edelgase Rn-222 und Rn-220, selber messen – eine Bauanleitung mit Arduino

Über gesundheitliche Risiken infolge radioaktiver Strahlung ist heute die Mehrzahl  der Menschen informiert und sensibilisiert. Meist werden jedoch die zivilisatorisch bedingten Belastungen infolge von medizinischen Untersuchungen, Emissionen aus Kernkraftwerken oder die Kontaminationen, die noch aus dem Reaktorunfällen von Tschernobyl und Fukushima resultieren, damit in Zusammenhang gebracht. Neben der durch medizinische Maßnahmen verursachten Strahlenbelastung resultiert der überwiegende Teil der radioaktiven Strahlung, der die Menschen in Deutschland ausgesetzt sind, jedoch aus der Inhalation der Folgeprodukte des radioaktiven Edelgases Radon, das allgegenwärtig in der Atemluft, insbesondere jedoch in geschlossenen Räumen  vorhanden ist.

Über die in diesem Zusammenhang interessierenden Fragen

  • was ist Radon,
  • wo kommt es her,
  • ist es gefährlich,
  • wie kommt es in meine Wohnung,
  • wie kann ich es messen oder
  • wie kann ich mich in meiner Wohnung (Wohnhaus) davor schützen,

ist schon sehr viel geschrieben worden. Dafür möchte ich gern auf verschiedene Seiten im Netz, z.B. des BfS,  Wikipedia oder radon-info verweisen.

Um sich über die Belastung des eigenen Hauses oder der Wohnung mit Radon zu informieren, ist man darauf angewiesen, Messungen von einer Firma ausführen zu lassen. Von derartigen sachkundigen Firmen  werden fast ausschließlich Messungen des Radongases verwendet. Auch gibt es inzwischen Radonmessgeräte zum Preis von unter 300 € mit denen man im eigenen Haus Messungen durchführen kann.

In diesem Beitrag möchte ich eine Alternative zur Messung des Radons vorstellen – ein Messgerät für die Radonfolgeprodukte (auch als Radonzerfallsprodukte bezeichnet), das mit geringem finanziellem Aufwand von einem Bastler mit durchschnittlichen elektronischen Kenntnissen selbst aufgebaut werden kann. Die Materialkosten betragen dabei je nach Lieferanten ab ca. 60 €.


Kurze Einführung – Was sind Radonfolgeprodukte; warum sollten diese für den Strahlenschutz gemessen werden?

Es sind eigentlich  die Folgeprodukte (auch scherzhaft als hässliche Töchter bezeichnet), die bei der Inhalation der mit diesen Stoffen belasteten Atemluft die Dosis, damit die „Gefährlichkeit“ und letztendlich die Erhöhung des Lungenkrebsrisikos  im Körper verursachen. Wenn das radioaktive Gas (chemisch ein Edelgas) in die Raumluft gelangt ist, entstehen infolge von dessen radioaktivem Zerfall die sog. Folgeprodukte.

Diese sind im chemischen Sinne Schwermetalle und haben deshalb ganz andere physikalisch-chemische Eigenschaften als das radioaktive Edelgas Radon. Bei der Inhalation des in der Atemluft vorhandenen Gemisches aus Gas und Folgeprodukten verbleiben nur die Folgeprodukte in der Lunge und reichern sich dort an während das Edelgas ohne Anreicherung wieder ausgeatmet wird.  Das führt dazu, dass ca. 95% der Lungendosis von den Folgeprodukten und nur ca. 5% vom Radon selbst verursacht werden. Die Folgeprodukte senden sowohl Alpha-wie auch Beta- und Gammastrahlen aus. Für die Dosis ist praktisch jedoch nur die Alphastrahlung relevant.

Anmerkung: Ich werde mich vorläufig nur auf Radon, also Rn-222, beziehen weil das die größte Relevanz hat. Thoron ist z.Zt. noch nicht so im Fokus des Strahlenschutzes. Ich werde erst wieder bei der Bauanleitung bzw. beim Algorithmus zur Auswertung auf die Thoronfolgeprodukte zurückkommen.

Für den Strahlenschutz wird z.Zt. jedoch hauptsächlich das Gas Radon  gemessen und nicht die Folgeprodukte. Eine der Ursachen dafür ist wahrscheinlich, dass man Radon mit passiven Messsystemen (d.h. ohne elektronische Komponenten), integrierend über längere Zeit messen kann. Allerdings erfordert die Auswertung derartiger Messungen ein gut ausgerüstetes Labor und größeren Aufwand für die Qualitätssicherung.

Demgegenüber steht die Messung von Folgeprodukten, die, wenn sie seriös durchgeführt werden soll, immer ein elektronisches Messgerät mit einer Luftförderpumpe benötigt. Dafür hat  die Messung folgende und wie ich meine wesentliche Vorteile:

  • Die Messung ist wesentlich empfindlicher als die Radonmessung und damit ist eine schnellere Messung bei geringen Konzentrationen (wie sie in der überwiegenden Mehrzahl der Häuser üblich sind) möglich.
  • Es wird der eigentliche „Verursacher“ der Dosis selbst gemessen und nicht indirekt über das Gas.
  • Systematische Fehlermöglichkeiten infolge
    • hoher oder wechselnder Luftfeuchtigkeit und
    • Temperaturabhängigkeit
    sind gegenüber der Radonmessung wesentlich geringer oder eigentlich gar  nicht relevant.
  • Auch mit laienhaft aufgebauten Geräten kann man selbst Messungen ausreichend zuverlässig und preiswert im eigenen Haus durchführen – Mein Anliegen für die Veröffentlichung einer Bauanleitung.

Ich möchte hier jedoch nicht verschweigen, dass man schon etwas Zeit (und Nerven) investieren muss, um zum Erfolg zu kommen. Dafür kann man viel Spaß an den Erfolgen bei  der Realisierung haben und vor allem neue Erkenntnisse und vielleicht Einsichten in die Problematik der natürlichen Radioaktivität im eigenen Heim erhalten.

Allerdings:
Ich muss an dieser Stelle jedoch darauf hinweisen, dass die mit dem selbst gebauten Messgerät erhaltenen Messwerte nicht rechtsverbindlich verwendet werden können. Dafür wäre eine Kalibrierung oder eine Nachmessung durch eine anerkannte Messstelle notwendig. Ebenso sollten qualitätsgesicherte Nachmessungen erfolgen bevor man sich entschließt, größere Investitionen zu tätigen, um die mit dem selbstgebauten Messgerät ermittelte Radonbelastung in seinem Haus zu senken. Zur Bewertung der Messergebnisse und zu den zu erwartenden Unsicherheiten werde ich nach der Veröffentlichung der Bauanleitung noch einige Hinweise geben.

Daraus ergibt sich die Frage:

Warum soll ich mir dann überhaupt ein eigenes Messgerät bauen?

Dafür sprechen 3 Gründe:

1.  Bastelspaß am Aufbau des Messgerätes; 

2. man erhält mit dem selbst gebauten Messgerät kostenlos Informationen über die Radonbelastung im eigenen Heim und man kann

3. die Wirksamkeit einfacher Maßnahmen zur Senkung der Radon(folgeprodukt)-Belastung selbst testen. 

Eine kurze Einführung in die physikalischen Vorgänge, die nach dem Radonzerfall in der Luft vonstatten gehen sowie in die Grundlagen der Messungen, kann man über das Menü Grundlagen- Physikalische Grundlagen– und Prinzip der Messungen von RnFp erhalten. 

Ein Gedanke zu „Messgerät zum Selbstbau

  • Sehr geehrter Herr Volkmar Schmidt, ich bin durch Zufall auf diese Webseite gestoßen. Es war für mich sofort erkennbar, dass hier eine Profi am Werk ist. – Vielleicht kennen wir uns aus früheren Zeiten? –
    Mich bewegt die Messung der Radon-Zerfallsprodukte ebenfalls schon seit vielen Jahren. Herr M. Riedel war häufig mit mir in dieser Angelegenheit untertage und übertage unterwegs. Sein Gerät tut immer noch gute Dienste und beherrscht den kontinuierlichen Modus nach V. Schmidt…
    Obwohl im Ruhestand bin ich immer noch mit „Radon“ in Schneeberg beschäftigt (mehr mit der Datenauswertung). Leider konnte ich im Fachverband für Strahlenschutz die „Radon-Experten“ nicht davon überzeugen, dass die Messung der Rn-Zerfallsprodukte viel sinnvoller ist. Radon-Messgeräte schießen wie Pilze aus dem Boden. Manche meinen, den „game changer“ geschaffen zu haben. (schade Physik nicht verstanden)
    Mein Enkel hat mich animiert, mich mit ARDUINO zu beschäftigen. Ein Rn-ZP-Messgerät wäre ein interessantes Objekt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert